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Lidrandentzündung [Blepharitis]:

kleine Ursache, große Wirkung

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Wie Sie mit einfachen Methoden
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Was ist eine Lidrandentzündung?

Die Lidrandentzündung, medizinisch Blepharitis genannt, ist eine häufige Erkrankung der Haut, die verschiedene Formen haben kann.

Symptome

Viele Patienten schildern dauernde „eitrige Augen- oder Bindehautentzündung“ oder „gerötete Augen“. Häufig wurde mit Antibiotika oder Kortison behandelt, ohne langfristige Linderung. Die Krankheitsgeschichte erstreckt sich über Wochen oder Monate. Eine Lidrandentzündung ist nicht mit ansteckenden Augenentzündungen durch Bakterien oder Viren vergleichbar.
Sie beginnt schleichend und im Laufe der Zeit entwickeln sich die typischen Beschwerden: tränende bzw. müde Augen und Bindehaut-Rötung. Die Lidränder sind geschwollen, verklebt oder gerötet mit Juckreiz, Schmerzen, Sehschwankungen und Lichtempfindlichkeit.

Abb. 1
Oberlid mit Colaretten (Talg und Hautschuppen an den Wimpern)

Wie entstehen die Beschwerden einer Lidrandentzündung?

Die Hauptursache der Lidrandentzündung liegt in den Talgdrüsen.
Diese Meibom-Drüsen produzieren einen öligen Film für die Augenoberfläche. Unter dieser äußeren Schicht des Tränenfilms liegen eine wässrige und eine vor Erregern schützende Phase. Eine intakte Fettschicht schützt den Tränenfilm vor Verdunstung. Bei Störungen reibt das Augenlid bei jedem Lidschlag direkt auf dem Augapfel und es kommt zu einer Reizung der Augenoberfläche mit stärkerer Durchblutung und Rötung der Bindehaut. Weiter lagern sich Fettreste ab und bilden einen weißlich-gelben Schleim, der Eiter ähnelt. Dieser wird von der Hautflora in Substanzen zerlegt, die Juckreiz erzeugen.

Abb. 2
Aufbau der Tränenwege und Tränendrüsen

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Die gestörte Produktion des öligen Films der Meibom-Drüsen erzeugt eine Lidrandentzündung. Man spricht dann von einer Meibom-Drüsen-Dysfunktion (MDD).
Kommt es zum Verschluss der Drüse, bildet sich ein Sekretstau und ein Hagelkorn (medizinisch: Chalazion) kann entstehen.

Was führt zu einer gestörten Fettproduktion der Lidranddrüsen?

Ausgehend von einer angeborenen Hauteigenschaft, die zu fettiger und porenverstopfender Haut führt, können viele äußere und innere Faktoren eine MDD verstärken: Alterungsprozesse, Hauterkrankungen (wie Rosazea, Neurodermitis, Akne), Hormone, Medikamente, Kosmetika, Pflegeprodukte, Umgebungsfaktoren (wie Staub, Trockenheit, Wind). Auch Alltagsfaktoren (wie Rauchen, Klimaanlagen, Bildschirmarbeit, Heizung, Ernährung) spielen eine Rolle.
Dazu kommen Allgemeinleiden (wie Rheuma, Schilddrüsenerkrankung, Zuckerkrankheit) und Augenerkrankungen, insbesondere wenn regelmäßig Augentropfen genommen werden müssen.

Abb. 3
Tränenfilm bei Blepharitis

Wie erfolgt die Diagnose und Behandlung?

Die Diagnose stellt der Augenarzt nach Erhebung der Krankengeschichte und einer genauen Untersuchung. Um innere Ursachen abzuklären, kann ein Termin beim Hautarzt und/oder Hausarzt sinnvoll sein.
Die MDD ist nicht heilbar, da sie auf einer Veranlagung beruht. Sie ist gut stabilisierbar, so dass eine deutliche Linderung bis zur Beschwerdefreiheit erzielt werden kann. Da es viele individuelle verstärkende Faktoren gibt, sollte jeder Betroffene die Auslöser finden, die realistisch beeinflusst werden können.

Der Behandlungserfolg beruht auf Eigeninitiative, Geduld und Regelmäßigkeit: tägliche Lidreinigung und das Hautbild der Augenlider verbessert sich.

Abb. 4
Oberlid mit gestauten Meibom-Drüsen und getrocknetem Sekret

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Zusätzlich erfolgt eine Benetzung der Augenoberfläche mit unkonservierten Tränenersatzmitteln und vorübergehend sollten Kosmetika und Kontaktlinsen vermieden werden. Zwar liegt manchmal eine Fehlbesiedlung mit Bakterien vor. Eine antibiotische Therapie ist jedoch meist nicht indiziert, da sie zum Zusammenbruch der natürlichen Schutzmechanismen und zu Resistenzen führt.
Im Einzelfall kann eine Therapie mit kortisonhaltigen Augentropfen oder anderen immunmodulativen (die körpereigene Abwehr hemmende) Augentropfen sinnvoll sein, um Reaktionen auf Zerfallsprodukte der Haut- und Bindehautflora abzumildern.
Der Augenarzt gibt die Behandlungsempfeh­lung, berät und begleitet. Es ist nicht zu erwarten, dass die Beschwerden schnell abklingen.

Abb. 5
Tränendrüse

1. Lidrandpflege:

  • Eine Verbesserung des Krankheitsbildes braucht 3 - 4 Wochen.
  • Die Pflege der Augenlidhaut erfolgt täglich und dauerhaft, da sonst die Poren wieder verstopfen.
  • Also muss die Behandlung in den Alltag integriert werden wie das Zähneputzen.
  • Hat sich der Erfolg eingestellt, fehlt der Leidensdruck, wird die Pflege oft vernachlässigt, bis die ursprünglichen Beschwerden wieder entstehen.

2. Benetzung der Augenoberfläche:

  • Die Besserung des Krankheitsbildes benötigt Zeit. Damit die Beschwerden bis zum „Anschlagen“ der Hautpflege erträglich werden, helfen Tränenersatzmittel.
  • Tränenersatzmittel sollten selbstständig angewendet werden. Jeder kann lernen, sich Augentropfen zu geben. Es gibt viele unterschiedliche Flaschenformen und ergänzende Augensprays. Alternativ stehen Salben oder Tropfhilfen zur Verfügung. Hilfreich können Tropf-Schulungen beim Augenarzt sein.

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Wie wird die Lidpflege durchgeführt?

Die Behandlung der MDD besteht aus drei Bestandteilen:

  1. Drüsenreinigung: Entfernung von gestautem Talg aus den Drüsen
  2. Lidhautreinigung: Entfernung des Talgs und der Hautschuppen von der Lidkante und den Drüsenporen
  3. Nachbenetzung: Ergänzung des instabilen Tränenfilms

Drüsenreinigung: Der Talg in den verstopften Drüsen verhält sich wie Butter in der Pfanne, die erhitzt wird: sie wird flüssig. Nach Erwärmung der Augenlidhaut können die Poren leichter gereinigt werden. Es gibt verschiedene Möglichkeiten der Hauterwärmung. Jeder sollte die Variante wählen, die am besten passt:

Abb. 6
Lidhygiene

  • für ca. 2 Minuten warme, feuchte Kompressen auf die geschlossenen Augenlider legen; sauberen Waschlappen mit Leitungswasser kurz in der Mikrowelle erwärmen; alternativ warmes Wasser aus dem Wasserkocher
  • Gelkissen (im Wasserbad oder der Mikrowelle erwärmen) und mit darunter liegenden feuchten Wattepads für 7-10 Minuten auf die geschlossenen Augenlider legen
  • Rotlicht-Lampe: ca. 10 Minuten bei geschlossenen Augen Gesicht im Abstand von 30 cm bestrahlen
  • Wärmebrille: professionelle Thermobrille mit feuchten Einlagen und Erwärmung über Netzstrom: Anweisung liegt dem Produkt bei

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Nach der Erwärmung kann das verflüssigte Fett sanft ausmassiert werden. Dabei streicht man mit dem Finger bei geschlossenem Auge mehrfach auf dem Ober- und Unterlid in Richtung Lidspalt. Der Fingerdruck sollte sanft sein wie beim Auftragen eines Lidstriches oder Verfugen von Silikon.
In den ersten vier Wochen ist es ratsam, die Pflege morgens und abends durchzuführen, danach sollte sich das Hautbild schon deutlich gebessert haben, auch wenn es noch nicht zu einer (deutlichen) Minderung der Beschwerden gekommen ist. In Absprache mit dem Augenarzt kann nun die Pflege auf einmal täglich reduziert werden.
Wenn die Beschwerden trotz regelmäßiger Pflege wieder zunehmen, ist es ratsam in Absprache mit dem Augenarzt eine andere Variante der Lidreinigung auszuprobieren bzw. über einen längeren Zeitraum die Pflege morgens und abends anzuwenden.

Abb. 7
Verhaltensregeln

Lidhautreinigung: Meibom-Fett ist wasserabweisend, daher empfiehlt sich die Verwendung eines Produktes zur Lidrandreinigung in Absprache mit dem Augenarzt (Lotion, Flüssigkeit, Gel oder einzeln verpackte Reinigungstücher). Diese Produkte sind speziell auf die Bedürfnisse gereizter Lidhaut angestimmt. Nach der Reinigung wird die Lidhaut mit Wasser abgespült oder einem feuchten Wattepad abgewischt.

Nachbenetzung: Bis sich Lidränder und Tränenfilm erholt haben, helfen tagsüber Tränenersatzmittel und nachts dickflüssige Tropfen, Gele oder eine wollwachsfreie Salbe vor dem Schlafen. Dünnflüssige Präparate verdunsten zwar schneller, beeinträchtigen das Sehen jedoch weniger.
Hierbei gilt die Regel: zumindest anfangs häufig tropfen, also eventuell sogar mehrfach stündlich oder hintereinander als Serie, etwa 2-3 Mal in 10 Minuten.

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Wie kann die Regeneration der Augenlidränder und des Tränenfilms unterstützt werden?

Das wichtigste ist, die Pflege und Benetzung der Augen regelmäßig und geduldig
durchzuführen. Zusätzlich kann der Anteil
der Nahrungsmittel mit Omega-3-Fettsäuren erhöht werden, wie sie z.B. in
fettem Seefisch oder Leinsamen enthalten sind. Eine weitere Ergänzung ist die
professionelle Meibom-Drüsen-Reinigung
durch den Augenarzt.

Pflegeanleitung:

  1. Feuchte Wärme für ca. 10 Minuten
  2. Lidmassage: Der Zeigefinger streicht mehrfach sanft auf dem geschlossenen Auge am Oberlid und Unterlid jeweils in Richtung Lidspalte.
  3. Lidreinigung: Die Lidränder werden mit einem in Reinigungslotion getränktem Wattepad bzw. gebrauchsfertigen Reinigungstüchern sanft abgerieben und danach mit klarem Wasser gespült.

Zusammenfassung:

Die Lidrandentzündung ist ein häufiges
Krankheitsbild, das hauptsächlich durch
eine Fehlfunktion der Meibomdrüsen
verursacht wird. Die Störung ist weder medikamentös heilbar noch ansteckend. Der Augenarzt stellt die Diagnose, begleitet und berät. Es lässt sich mit
einfachen Methoden eine nachhaltige
Linderung bzw. Beschwerdefreiheit erreichen. Wichtig sind dabei Eigeninitiative, Geduld und Regelmäßigkeit.

Bildnachweis Abb.2,3,5,6,7:
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