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Operative Medikamenteneingabe in das Auge

Heilsame Injektionen für das Auge

Herausgeber:

Berufsverband der Augenärzte
Deutschlands e.V. (BVA)
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40401 Düsseldorf
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Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft (DOG)
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80336 München
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Wie bringt man Medikamente sicher ins Innere des Augapfels?

Wenn Augenärzte Augenleiden mit Medikamenten behandeln, stehen ihnen in den meisten Fällen mehrere Möglichkeiten zur Verfügung: Sie können Tabletten zum Einnehmen oder Tropfen und Salben für die örtliche Anwendung am Auge verordnen oder sie geben Medikamente operativ direkt ins Auge. Die ersten beiden Darreichungsformen für Arzneimittel sind einfacher, haben aber auch Nachteile. Behandelt der Arzt eine Augenkrankheit mit Tabletten, kommt nur ein relativ kleiner Teil des Medikamentes im Auge an, während das Medikament an anderen Organen im Körper unerwünschte Wirkungen entfalten kann.

Tropfen und Salben, die auf die Augenoberfläche eingebracht werden, können oft nicht in ausreichender Dosierung zu Strukturen im hinteren Bereich des Augapfels gelangen. Zu diesen gehören insbesondere die Makula, der »Gelbe Fleck«, mit der Stelle des schärfsten Sehens in der Netzhaut (Retina), die in der Abbildung gelb dargestellt ist. Der Augapfel hinter der Linse ist ausgefüllt vom so genannten Glaskörper. Dieser ist durchsichtig. Darum sind in der Abbildung die Blutgefäße der Netzhaut zu sehen, die durch den Glaskörper hindurch sichtbar sind. Der Glaskörper selbst enthält weder Blutgefäße noch Nerven. Darum ist er auch nicht schmerzempfindlich.

Abb. 1
Anatomie des Auges

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Eine Alternative zu Tablette, Tropfen und Salben.

Die so genannte „intravitreale Medikamenteneingabe“ ist darum in bestimmten Fällen eine Alternative. Bei einer solchen Operation spritzt der Augenarzt unter örtlicher Betäubung (mit Augentropfen) ein Medikament in das Innere des Augapfels. So gelangt der Wirkstoff leicht in die Netzhaut und verursacht in aller Regel keine Nebenwirkungen in den übrigen Organen. Besondere chemische Zusammensetzungen der Hüllsubstanzen für einige der Arzneistoffe ermöglichen darüber hinaus eine langsame und kontinuierliche Freisetzung des Medikamentes.
So entfaltet sich die Wirkung nach und nach und hält über längere Zeiträume an.

Abb. 2
Bei der intravitrealen Injektion wird eine hauchdünne Kanüle in den Glaskörper etwa 6 Millimeter tief vorgeschoben. Das geschieht unter örtlicher Betäubung mit Augentropfen.

Medikamente werden zunehmend direkt ins Auge gespritzt.

Ein wesentlicher Grund dafür sind neue Medikamente zur Behandlung von Erkrankungen der Netzhaut einschließlich der Makula. Nur eine Medikamenteneingabe in den Glaskörper des Auges kann die Wirkstoffe in einer ausreichenden Menge in die Nähe der Netzhaut/Makula bringen.

Mit diesen Medikamenten behandeln Augenärzte v.a. die altersabhängige Makuladegeneration und Netzhautschäden, die Folge einer langjährigen Zuckerkrankheit sind. Eine dritte Indikation sind Venenverschlüsse, die zu einer Schwellung in der Netzhautmitte (Makulaödem) führen. Schließlich können weitere seltenere Netzhauterkrankungen mit diesen intravitrealen Medikamenten behandelt werden.

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Empfehlungen zur Qualitätssicherung

Eine intravitreale Medikamenteneingabe ist ein minimalinvasiver Eingriff, der auch mit gewissen Risiken verbunden ist. So besteht die Gefahr, dass bei der Injektion Krankheits­erreger in das Augeninnere gelangen. Bedrohliche Entzündungen des gesamten Auges (Endophthalmitis) können die Folge sein, die schließlich sogar zur Erblindung führen können. Es gilt überdies, Verletzungen von Linse und Netzhaut durch die Nadel zu vermeiden. Wegen der möglichen Risiken und aufgrund der steigenden Zahl solcher Injektionen haben die Deutsche Ophthalmo­logische Gesellschaft (DOG), der Berufsverband der Augenärzte Deutschlands (BVA) und die Retinologischen Gesellschaft Empfehlungen zur Qualitätssicherung herausgegeben (1).

Ein Fall für den Augenarzt

Die intravitreale Medikamenteneingabe ist einem Facharzt für Augenheilkunde vorbehalten. Denn der behandelnde Arzt benötigt zum einen Erfahrungen mit solchen Injektionen. Er muss – zum anderen – über gute Kenntnisse in der Beurteilung von Fluoreszein-Angiografien und optischen Cohärenztomografien (OCT) verfügen. Bei der Fluoreszeinangiografie handelt es sich um die Darstellung der Blutgefäße des Augenhintergrundes mit einem Farbstoff, die bei der Bewertung von krankhaften Veränderungen des Augenhintergrundes eine maßgebliche Rolle spielen, und bei der OCT um eine Darstellung der verschiedenen Netzhautschichten durch optische Schnittbilder. Deren Beurteilung muss ein Augenarzt vornehmen, um eine korrekte Diagnose stellen zu können und den Patienten hinsichtlich der am besten geeigneten Therapie beraten zu können.

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Vorbehandlung und Durchführung in einem Operationssaal verringert das Infektionsrisiko.

Um das Infektionsrisiko bei einer intravitrealen Medikamenteneingabe so gering wie möglich zu halten, muss der Augenarzt nicht nur die detaillierten Vorschriften über die Einhaltung steriler Bedingungen beachten, sondern auch Lider, Bindehaut und die umgebenden Hautbezirke mit dem gegen Krankheitserreger wirkenden Povidon-Jod behandeln.

Wenn Bakterien bei einer Injektion in das Innere des Augapfels gelangen, stammen sie in den meisten Fällen von der Oberfläche des Auges. Wissenschaftliche Untersuchungen belegen, dass die Einhaltung der Hygieneempfehlungen die Rate an schwerwiegenden Entzündungen im Augapfel deutlich verringern kann.

Das Risiko hierfür liegt bei Beachtung aller erforderlichen Hygienemaßnahmen und Durchführung in einem für Operationen im Auge geeigneten Operationssaal für jede Injektion bei etwa 0,03 Prozent, trifft also statistisch ungefähr drei Personen von insgesamt 10.000, die eine Injektion erhalten. Selbst wenn es dazu kommt, lässt sich eine solche Komplikation meist wirksam therapieren, wenn sie rechtzeitig entdeckt und behandelt wird.

Eine lokale Behandlung mit Antibiotika vor oder nach dem Eingriff für alle Patienten ist nicht von Nutzen.

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Wohin zielt die Nadel?

Nach einer örtlichen Betäubung mit Augentropfen – eine Vollnarkose ist nicht notwendig – wird die Nadel in den Augapfel in etwa vier Millimeter Abstand zum Rand der Hornhaut eingeführt. Die Nadel hat einen Durchmesser von deutlich weniger als 1 mm und wird ins Augeninnere bis zur Mitte des Glaskörpers vorgeschoben.

Vom Glaskörper – fachsprachlich Corpus vitreum – leitet sich auch der Name dieser Injektionstechnik ab.

Abb. 3
Durch die Injektionstechnik können Arzneimittelin den hinteren Teil des Augapfels in ausreichenden Konzen­trationen gelangen, etwa zur Makula.

Kontrolle möglicher Komplikationen

Unmittelbar nach dem Eingriff wird überprüft, ob der Patient einen Lichtschein oder Finger wahrnehmen kann. Dies zeigt an, dass die Durchblutung der Netzhaut durch eine mögliche Drucksteigerung nicht gestört wurde.
In den ersten Stunden nach der Injektion und Verschwinden der Betäubung der der Augen­oberfläche kann ein Brennen oder Fremdkör­pergefühl auftreten. Dies kommt dann von einem Reiz durch die unbedingt notwendige Desinfektion vor der Medikamenteneingabe. Die Anwendung eines Tränenersatzmittels führt dann oft zur Linderung.
Manchmal werden nach der Medikamenten­eingabe für Stunden oder wenige Tage kleine sich bewegende schwarze Punkte oder Kügelchen gesehen. Dies sind kleine harmlose Luftbläschen, die mit dem Medikament in das Auge gekommen sind und ohne Behandlung wieder verschwinden.

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Weitere Komplikationen einer intravitrealen operativen Medikamenteneinbringung sind:

  • die Einblutung in den Glaskörper
  • die Abhebung der Netzhaut
  • die versehentliche Injektion unter die Netzhaut
  • die Verletzung der Augenlinse.
Bei der intravitrealen Eingabe von Kortikosteroiden (Triamcinolon/Dexamethason) sind als zusätzliche Nebenwirkungen eine Augeninnendruckerhöhung und die Zunahme eines Grauen Stars möglich.


Literatur:

  1. Empfehlung der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft, der Retinologischen Gesellschaft und des Berufsverbandes der Augenärzte Deutschlands für die Durchführung von intravitrealen operativen Medikamenteneingaben (IVOM) www.augeninfo.de/patinfo/0704ivi.pdf

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